Zeilenumbruch

Der private Blog von Lars Frantzen

Im Mai 1984 hat Herbert Grönemeyer seine legendäre Platte Bochum herausgebracht. Wie oft haben wir die rauf- und runtergehört... Einer der Songs darauf ist Amerika. Der Song richtet sich in erster Linie gegen die Stationierung von Raketen auf deutschem Boden und den kalten Krieg. Das alles im Schatten des NATO-Doppelbeschlusses. Heute sehen viele diesen Beschluss mit anderen, wohlwollenderen Augen. Immerhin ist aus dem kalten zunächst kein heißer Krieg geworden. Leider hat sich auch das geändert. Der große, alles vernichtende Atomkrieg ist bisher ausgeblieben, dafür gibt es kleinere, aber auch sehr tödliche Angriffskriege auf Europa (und anderswo). Russland mordet gerade täglich völkerrechtswidrig in der Ukraine. Der Einsatz von “kleinen” Atomwaffen (man nennt sie “taktisch”) steht durchaus im Raum und wird durch inkonsequentere Abschreckung wahrscheinlicher; ein “hybrider” Krieg mit diversen Staaten findet dauerhaft statt, und Amerika, bei Herbert noch der Retter in der Not, droht ebenfalls mit einem Angriffskrieg auf (das politische) Europa (Grönland). Dass wir eigentlich das Klima retten sollten, tritt dabei fatalerweise in den Hintergrund.

Für einen persönlich kann dies vieles bedeuten, hier geht es im Folgenden um die eigene digitale Existenz. Also unsere Daten. Emails, Texte, Photos, Standorte, Einkäufe, Bücher, Filme, Social Media, Musik, Kalender, Kontakte, Nachrichten im Messenger, und mehr. Alles oder vieles von dem ist bei den meisten Menschen mittlerweile digital. Und liegt auf Servern, die von U.S. Unternehmen betrieben werden. Erinnerung: U.S.A. sind die, die Grönland angreifen wollen, krumme Deals mit Russland machen, und sich einen Dreck um Recht und Gesetze scheren. Das ist jetzt keine Frage des Vertrauens oder des “nichts zu verbergen” Unsinns mehr. Wem seine Daten nicht völlig egal sind, muss jetzt handeln.

Dazu wurde dazu schon viel sehr Gutes geschrieben, zum Beispiel im Kuketz-Blog oder in der c't. Einiges davon habe ich umgesetzt. Hier ein kurzer, persönlicher Statusbericht.

Fangen wir bei den Dingen an, die jeder problemlos sofort tun kann. Amazon meiden zum Beispiel. Braucht man wirklich Prime? Bücher kann man wunderbar bei genialokal.de bestellen. Vieles gibt es bei lokalen Händlern, und die Waschmaschine kann man zumindest von Otto liefern lassen.

Google, Microsoft und Apple meiden, so gut es eben geht, ist auch eine sehr gute Idee. Die Google Suche kann man wunderbar durch andere Suchmaschinen ersetzen, ich bin gerade sehr angetan von searxng, zum Beispiel via Gruble. Falls man Chrome benutzt – browsen kann man auch (besser) mit zum Beispiel Vivaldi (auch auf dem Handy). Schaltet bei Google jedes Datensammeln aus. Verfasst und beachtet keine Google Maps Rezensionen, das ist eh nicht aussagekräftig. Navigieren kann man auch sehr gut mit der OpenStreetMap. Auf der basierend gibt es dann wieder dedizierte Navigationsapps wie Magic Earth. Auch einen Versuch wert ist Here WeGo.

YouTube Premium habe ich gekündigt. Dazu gehört auch ein werbefreies YouTube Music. Musik höre ich jetzt mit qobuz, großartige Sache mit guten Konzept.

Wer eine E-Mail Adresse bei Google, Microsoft oder Apple hat, wird sich davon eher ungern lösen. Aber es lohnt sich. Nichts lässt sich so gut dazu nutzen, Profile zu erstellen, wie E-Mails. Ich hatte so ziemlich mein ganzes Leben der letzten 15 Jahre bei Gmail abgebildet. Da jetzt auch noch die KIs ungefragt drüberrutschen, hatte Google eine wunderbare digitale Repräsentation von mir, von zutiefst Privatem über Einkäufe und Flugreisen. Glücklicherweise hatte ich eine eigene E-Mail Adresse bei Gmail genutzt, und konnte daher einfach meine Daten bei Gmail abziehen und zu meinem Provider zurückwechseln. Jetzt nutze ich wieder den guten alten Thunderbird.

Wer zusätzliche Dienste der Clouds von Google, Microsoft oder Apple nutzt, ist generell ziemlich in der Trump-Sackgasse. Dazu können gehören Kontakte, Kalender, Dateien, Notizen, Passwörter und Fotos. Es gibt zu alldem sehr gute Alternativen (siehe Links oben), ich habe fast alles davon jetzt in einer NextCloud versammelt. Die kann man sich für ein paar Euros klicken und ist fein raus. Man sollte bei Google, Apple, Microsoft, Amazon, etc., auch nicht vergessen, dass die einem den Account völlig beliebig und kommentarlos sperren können. Und das auch regelmäßig tun. Ist mir gerade bei Apple passiert. Dann ist alles, und auch wirklich alles weg. Und man hat erstmal null Chancen, das rückgängig zu machen. Absolute Willkür mit den wichtigsten persönlichen Daten. Wer sein Leben ernst nimmt, sollte sich dem nicht aussetzen.

Instagram nutze ich fast nur noch read-only. Kommt doch mal bei Pixelfed vorbei. Hallo sagen kann man mir auch bei Mastodon. Schwer tun sich viele auch seltsamerweise bei Messengern. Telegram ist hier die dümmste Wahl, alles liegt unverschlüsselt auf irgendwelchen Servern rum. Zu viel mehr als zum Kokainbestellen oder Schwurblerscheiße austauschen ist der nicht zu gebrauchen. WhattsApp ist da etwas besser, aber aus diversen Gründen auch eine schlechte Wahl. Leider hat sich WhattsApp so in den Alltag eingebrannt (gerade im Ausland auch gewerblich), dass es ohne manchmal nicht geht. Aber jeder kann sich problemlos Signal zusätzlich installieren, und es immer dann nutzen, wenn es geht. Damit ist schon viel gewonnen. Wer es genauer wissen will sei wieder auf die c't verwiesen.

Auf meinem Handy läuft jetzt GrapheneOS. Auch eine großartige Sache, aber leider nur für Besitzer eines Google Pixel Handys interessant. Bloggen tue ich hier mit WriteFreely, gehosted auf Uberspace. Und meinen Ort kann ich jederzeit Tracken via OwnTracks.

Zusammenfassend kann man festhalten: viele Dinge kann (und sollte) man problemlos und ohne Schmerzen sofort tun. Andere sind mit etwas mehr Aufwand verbunden, bringen aber oft auch den größten Nutzen. Einige Dinge sind je nach Situation realistisch (noch) nicht möglich. Wenn mein Business von YouTube oder Instagram abhängt, dann werde ich da erstmal bleiben müssen, zudem die Alternativen noch große Außenseiter sind. Es ist sowohl eine gesellschaftliche wie eine persönliche Perspektive. Wir haben uns in Europa politisch wie privat auf Amerika ausgeruht. Politisch zahlen wir gerade einen noch nicht abschätzbar enormen Preis dafür. Privat können wir das Schlimmste noch abwenden.

Und du weißt, daß du was tun mußt Wir werden dosiert zensiert Menschen achtlos diffamiert Wie eine träge Herde Kühe Schaun wir kurz auf und grasen dann gemütlich weiter Das Fernsehen redet uns tot Pflanzen sterben an Atemnot Wir warten immer zu lange Die Zeit rennt weg, wir müssen's angehn

Herbert Grönemeyer, Jetzt oder nie

Hier schreibt Lars Frantzen über dieses und jenes. Auf Deutsch. Eindrücke, Texte, Meinungen, sowas. Eher Persönliches, weniger Technisches. (Für das Technische gibt es Linefeed. Auf Englisch). Ansonsten findet man mich auch noch hier.

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Dieser Blog ist Teil eines umfangreicheren Umzugs raus aus den U.S. Clouds. Gehosted wird bei den großartigen Ubernauten. Diesen Beitrag hier tippe ich gerade mit Nextcloud Notes. Während ich im Bus sitze und durch die Abruzzen fahre. Dabei wird meine Fahrt getracked von OwnTracks. Alles gehosted auf Uberspace.

Irgendwann wird dieser Bus in Rom ankommen, und dann geht es weiter nach Berlin. Nach so einem halben Jahr freut man sich ja wieder auf die Hauptstadt. Im Mai werde ich auch mal auf Fehmarn nach meinem neuen Van sehen. An dem wird nämlich gerade fleissig geschraubt.

Alles Weitere dann auf diesem Kanal. Bis dahin, Lars